
Wie echte Bindung entsteht
Zugehörigkeitskultur schaffen
Zugehörigkeit ist der Schlüssel zu Loyalität, Motivation und langfristiger Bindung von Mitarbeitenden. Wer sich als relevanter Teil des Unternehmens erlebt, bleibt. Und bringt sich mit vollem Einsatz ein. Vorgesetzte nehmen bei der Gestaltung einer echten Zugehörigkeitskultur im Unternehmen eine Schlüsselrolle ein. Ob beim Onboarding, in der Kommunikation oder der Gestaltung einzelner Arbeitsbereiche – Zugehörigkeit entsteht vor allem durch eines: wertschätzende Führung.
Wenn Mitarbeitende gefragt werden, wie sie ihren Arbeitplatz empfinden, wünschen sich Unternehmer/-innen meist eine Antwort wie: „Wir sind wie eine große Familie.“ Menschen verlassen ihre Familie in der Regel nicht, sie stehen ihr nah und verhalten sich Angehörigen gegenüber loyal. Das Ideal der Familie steht für eine Gemeinschaft und/oder einen Ort, an dem sich Menschen wohl und aufgehoben fühlen. Sie sehen sich als Teil des Ganzen. Was für sie zählt, ist in einem Wort: Zugehörigkeit.
Notwendige Auseinandersetzung
Die meisten Menschen sehen in Zugehörigkeit einen hohen Wert. Die einen wünschen sich den Anschluss an eine große Gruppe, andere möchten sich nur wenigen Menschen zugehörig fühlen. Eines haben alle gemein: Wer das Gefühl hat, relevanter Teil von etwas Größerem zu sein, bleibt. Aus diesem Grund ist Zugehörigkeit auch für Unternehmen ein spannender, wenn nicht sogar notwendiger Aspekt, mit dem sie sich beschäftigen müssen.
Ziel dieser Auseinandersetzung ist es, eine lebendige Zugehörigkeitskultur zu schaffen und die Loyalität der Mitarbeitenden zur Gemeinschaft – ergo zum Betrieb – zu erhöhen. Zu Beginn diesen Prozesses stehen beispielsweise diese Fragen:
• Was geschieht bereits jetzt, um Menschen an das Unternehmen zu binden?
• Wie können darüber hinaus Zugehörigkeit im Alltag vermittelt und eine loyale Bindung erreicht werden?
Mit den Antworten auf diese Fragen sammelt man erste Stichworte für eine tiefere Analyse. Die folgenden Punkte können außerdem dabei helfen, im Unternehmen eine Zugehörigkeitskultur zu entwickeln, die dafür sorgt, dass Menschen sich wohlfühlen und dem Betrieb langfristig erhalten bleiben.

Mitarbeiterbindung fängt bereits bei der Einarbeitung an
Herzliches Willkommen
Personalbindung entwickelt sich bereits während des Bewerbungsprozesses. Sobald beide Parteien in Kontakt treten, beginnt die Beziehungsarbeit. Sie sollte nicht dem Zufall überlassen werden, sondern gut geplant sein. Wie schnell bekommen die Bewerber/innen eine Rückmeldung? Lässt man sie warten oder bemüht man sich um eine rasche Bearbeitung? Gibt es feste Ansprechpersonen im Unternehmen? Und wie wird dann mit potenziellen Arbeitskräften Kontakt aufgenommen und das Gespräch gestaltet?
Wer von Anfang an Wertschätzung zeigt, tut etwas Gutes für die Reputation des Unternehmens – selbst dann, wenn es in manchen Fällen nicht zu einem Arbeitsvertrag kommt. Ein gutes persönliches Miteinander spricht sich herum. Bestenfalls führt der erste Kontakt natürlich zur Anstellung. Es folgt die Phase der Einarbeitung.
Onboarding aktiv gestalten
Das Wort Onboarding fällt im Zusammenhang mit der Einarbeitung immer häufiger. Damit wird die Zeit des Ankommens nach Antritt einer neuen Arbeitsstelle bezeichnet. Der Begriff bedeutet „an Bord nehmen“ und ist quasi die Gegenperspektive des aus der Fliegerei bekannten „Boardings“. Also dem Einsteigen ins Flugzeug. Meist stehen mehrere Crewmitglieder im Eingangsbereich und begrüßen die Gästeherzlich.
Diese Vorgehensweise sollten sich Unternehmen zum Vorbild nehmen. Neben einem freundlichen Hallo ist beim Onboarding eine gute Planung wichtig und dass allen Beteiligten alle wichtigen Informationen vermittelt werden. Nichts sollte man dabei dem Zufall überlassen. Fragen wie diese können im Vorfeld hilfreich sein:
• Wer sind die Ansprechpartner/innen?
• Wer ist verantwortlich für die Einarbeitung?
• Welche Informationen benötigt die neue Kraft?
• Auf welchem Weg bekommt sie sie?
• Wie genau wird die Einarbeitung gestaltet (Dauer, Inhalte, Reihenfolge)?
Bewährte Mittel zum Einstieg sind „Willkommensmappen“ mit den wichtigsten Informationen zum Arbeitsalltag. Die Materialien sollten auch alle verbindlichen Regeln enthalten, die die neuen Arbeitskräfte kennen müssen. Alternativ bereitet man die Inhalte digital auf.

Beim Onboarding sollten die Verantwortlichen genau wissen, was zu tun ist
Mit der Einarbeitung steht und fällt die Qualität der künftigen Fachkraft. Und auch auf deren Zufriedenheit hat das Onboarding einen großen Einfluss. Mit einem Einarbeitungsplan wird zudem sichergestellt, dass keine Inhalte vergessen werden und sich bei Bedarf verschiedene Personen – auch vertretungsweise – um die Einarbeitung kümmern können. Das neue Personal erfährt zudem transparent, was von ihm in welchem Zeitraum vom Unternehmen erwartet wird.
Der erste Tag
Was für das Stamm-Team ein routinierter Arbeitstag ist, bedeutet für neue Mitarbeitende deutlich mehr. Für sie ist es der erste Tag eines neuen Lebensabschnitts, dem einige Überlegungen vorausgingen. Wahrscheinlich sind sie auch aufgeregt oder haben Angst, etwas falsch zu machen. Dessen sind sich die einarbeitenden Kolleginnen und Kollegen vor Ort häufig nicht bewusst. So gehen sie eventuell zu intuitiv und unvorbereitet an die Sache heran. Um das zu vermeiden, ist es zum einen empfehlenswert, den ersten Tag vorausschauend zu strukturieren, zum anderen, die Verantwortlichen im Vorfeld zu schulen. So werden sie sich ihrer wichtigen Aufgabe vom ersten Tag an bewusst sein. Das gesamte Personal sollte sich darauf einstellen, das neue Teammitglied zu integrieren und ihm alles Notwendige zu zeigen, um gut anzukommen und seine Aufgaben erfüllen zu können.
Das Individuum sehen
Menschen unterscheiden sich voneinander. So ist es natürlich auch mit Mitarbeitenden. Zwar haben sie viele Bedürfnisse, die einander gleichen, jedoch sind diese unterschiedlich ausgeprägt. Auch ihre Fähigkeiten und ihre Persönlichkeit weichen voneinander ab. Dessen müssen sich Führungskräfte bewusst sein und es auch bei der Zusammenarbeit berücksichtigen. Nur dann fühlt sich eine Person wahrgenommen und verstanden.
Bereits Kleinigkeiten machen hier den oft entscheidenden Unterschied. Ein Geburtstagsgruß, das Firmenjubiläum oder andere wichtige Ereignisse im Leben der Teammitglieder bieten Anlässe, um für den Einsatz im Unternehmen zu danken. Ab einer gewissen Unternehmensgröße kann das allerdings schon zu einer Herausforderung werden. Je größer das Team ist, desto schwieriger wird es für die Geschäftsführung, zu allen Mitarbeitenden regelmäßig guten Kontakt zu halten.
Hier sind dann Teamleitungen gefragt, Verantwortung zu übernehmen. Zu den Bedürfnissen einzelner Teammitglieder können auch Wünsche nach bestimmten Arbeitszeiten oder Aufgabenbereichen gehören. Wenn es Führungskräfte schaffen, Verständnis dafür zu zeigen und darauf einzugehen, fühlen sich die Mitarbeitenden gesehen und wertgeschätzt.

Wer verstanden hat, wie die verschiedenen Abteilungen im Unternehmen sich zuarbeiten, erlebt das eigene Tun als wirksam
Mitarbeitende einbeziehen
Kooperativ führende Führungskräfte beziehen ihre Mitarbeitenden aktiv ein und kommunizieren auf Augenhöhe. Sie hören ihren Ideen zu, greifen sie auf und gestalten den Arbeitsalltag gemeinsam. Das stärkt nicht nur den Teamzusammenhalt, sondern auch das Gefühl der Zugehörigkeit. Wer mitgestalten darf, fühlt sich ernst genommen. Gerade dort, wo frische Ideen fehlen, liegt es nahe, auf das Wissen und die vielfältigen Perspektiven im Team zurückzugreifen. So kann etwa ein Einarbeitungsplan gemeinsam entwickelt werden. Alle bringen dabei eigene Erfahrungen ein. Diese Mitwirkung signalisiert Wertschätzung und Vertrauen seitens der Führung.
Natürlich ist nicht jede Anregung umsetzbar. Umso wichtiger ist eine ehrliche und respektvolle Rückmeldung. Sie zeigt, dass man Beiträge hört und ernst nimmt, auch wenn nicht alle realisiert werden können.
Wandel gestalten
Wenn Veränderungen im Betrieb anstehen, lösen sie bei einigen Mitarbeitenden Ängste aus. Sie verursachen Unsicherheiten und Widerstände. Deshalb ist es wichtig, dass Führungskräfte besonders sensibel damit umgehen und die Menschen dort abholen, wo sie sind. Das bedeutet, Mitarbeitende mit Fingerspitzengefühl auf die Veränderungen vorzubereiten, ihnen den Kontext zu erklären und bestenfalls nicht mit der Tür ins Haus zu fallen.
Das bedeutet, Veränderungen schrittweise einzuführen und dabei transparent vorzugehen. Eine einfache Ansage reicht in der Regel nicht aus. Wer Menschen einfach vor vollendete Tatsachen stellt, nimmt ihnen die Möglichkeit der Mitgestaltung. Sie werden sich weniger gut auf die Neuerungen einstellen und sich emotional eher vom Unternehmen distanzieren.
Stattdessen ist es ratsam, Menschen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Ihre Bedenken und Sorgen sollten ernst genommen und nicht als Misstrauen gegen die Unternehmensführung gewertet werden. Umso eher können sich die Angestellten auf Veränderungen einlassen. Anschließend heißt es, überall dort Hilfestellung zu geben, wo sie für die Veränderung benötigt wird.
Gesprächskultur pflegen
Eines der wertvollsten Güter, die Menschen einander geben können, ist Zeit. Um Mitarbeitende langfristig zu binden, sollten sich Führunsgkräfte immer wieder Zeit für Gespräche mit ihren Mitarbeitenden nehmen. Sie fördern nicht nur das Verständnis füreinander, sondern dienen zudem einem stetigen Informationsfluss. Gleichzeitig drücken sie Interesse an den Angestellten aus und zeigen, dass sie zum Unternehmen gehören und ihre Meinung sowie ihr Wohlbefinden wichtig sind.

Um die Bindung an das Unternehmen zu stärken, sollten Teammitglieder in Entscheidungen und die Entwicklung neuer Projekte einbezogen werden
Eine Gesprächskultur zu pflegen, bedeutet allerdings nicht nur zu sprechen, wenn etwas schief läuft, sondern regelmäßig in den Austausch zu gehen – auch dann, wenn gerade alles gut funktioniert. Mögliche Gespräche, die das Zugehörigkeitsgefühl fördern, sind:
• Teammeetings in regelmäßigen Abständen
• Feedbackgespräche, die vorab vereinbart werden sollten
• Smalltalk bei zufälligen Begegnungen oder auf Veranstaltungen
Unterstützen und fördern
Menschen neben sich wachsen zu lassen, ist eine weitere wesentliche Führungsaufgabe. Zu führen bedeutet nicht, sich selbst unersetzbar zu machen. Stattdessen gilt es, Aufgaben abzugeben sowie Mitarbeitende dazu zu befähigen, dass sie als Team auch in Abwesenheit der Führung ihre Aufgaben in der gewünschten Qualität erfüllen. Indem Menschen ermutigt und in ihren Stärken gefördert werden, reduziert sich die Arbeitsbelastung der Führungskraft.
Auf Dauer werden Vorgesetzte dadurch entlastet und können sich anderen Führungsaufgaben sowie Projekten widmen. Durch Fort- und Weiterbildung ermöglichen Unternehmen den Mitarbeitenden außerdem, sich persönlich und fachlich weiterzuentwickeln. So ergibt sich eine Win-win-Situation. Der Betrieb profitiert ebenfalls von dem neuen Wissen, das konstruktiv ins Unternehmen eingebracht werden kann.
Damit neues Wissen wirklich Wirkung zeigt, müssen Mitarbeitende es auch eigenverantwortlich anwenden dürfen – selbst wenn das Veränderungen für andere mit sich bringt, vielleicht sogar für die Führungskraft. Gerade weil immer mehr Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in Bäckereien arbeiten, schafft eine gute Wissensvermittlung nicht nur Fachkompetenz, sondern auch Sicherheit – für das Team und die Kundschaft.
Eine Bäckerei kann nur dann als echtes Handwerksunternehmen wahrgenommen werden, wenn die Mitarbeitenden das nötige Know-how mitbringen. Zugehörigkeit entsteht also auch durch gemeinsames Lernen: Wer versteht, wie die einzelnen Abläufe zusammenhängen, erkennt den Wert der eigenen Arbeit, stärkt so die berufliche Identifikation und fühlt sich stärker mit dem Betrieb verbunden.
Zusammenhänge vermitteln
Selbst kleinste Hilfsarbeiten sind wichtige Rädchen im Gesamtprozess. Wenn sie nicht funktionieren, stockt alles. Führungskräfte sollten ihren Teammitgliedern daher vermitteln, wie die einzelnen Aufgaben ineinandergreifen und die Abteilungen zusammenarbeiten. Das sorgt nicht nur für ein Verständnis der Zusammenhänge, sondern vermittelt auch, selbst ein Teil des gesamten Betriebsergebnisses zu sein. So wird das Zugehörigkeitsgefühl nochmal gestärkt.

Führungskräfte nehmen bei der Entwicklung einer echten Zugehörigkeitskultur eine Schlüsselrolle ein
Ein weiterer Hebel ist es, für ambitionierte Teammitglieder gezielt Karriereoptionen und Spezialisierungsmöglichkeiten anzubieten.
Damit gehen Unternehmer/innen auf die Bedürfnisse aller ein, die neue Aufgaben übernehmen und über sich hinauswachsen sowie mehr Verantwortung übernehmen möchten. Sofern es derartige Stellen im Betrieb nicht gibt, aber das Können vorhanden ist, besteht die Möglichkeit, neue Aufgabenbereiche zu definieren.
Wer sich auf diese Weise mit den eigenen Fähigkeiten gesehen fühlt und sich einbringen kann, wird sich mit der speziell zugeschnittenen Stelle vermutlich stark identifizieren und motiviert an die Sache herangehen – was wiederum das Gefühl von Zugehörigkeit stärkt.
Schlüsselrolle der Führungskräfte
Die besten Strukturen ersetzen allerdings nie ein wertschätzendes Miteinander. Doch genau das geht im Alltag oft unter. Ein „Danke“ für zuverlässige Arbeit oder ein anerkennendes Lob für eine gute Leistung bleiben schnell aus. Dabei können sie mehr bewirken als jede Vergütung: Sie zeigen, dass Leistung gesehen wird.
Wertschätzung stärkt das Gefühl von Zugehörigkeit und motiviert, sich einzubringen. Führungskräfte – von der Teamleitung bis zur Geschäftsführung – prägen diese Kultur maßgeblich. Sie nehmen eine Schlüsselposition ein, geben Rückmeldung, leben Wertschätzung vor und schaffen den Rahmen, in dem sich Teams entfalten können.
Checkliste Onboarding:
• Feste Ansprechpartner wurden definiert und im besten Fall auch geschult
• Alle wissen, dass ein neues Teammitglied kommt
• Die neue Arbeitskleidung ist vor Ort oder wurde bereits bei Vertragsschluss ausgehändigt
• Der Einarbeitungsplan und die Willkommensmappe wurden bereits ausgehändigt oder werden dem neuen Teammitglied am ersten Tag gegeben
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