
Die richtigen Prioritäten setzen
Hilfe zur Selbstführung
Fachkräftemangel, Bürokratie, Kostendruck – gerade in Zeiten der Krise wissen Vorgesetzte oft nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht. Umso wichtiger ist es, wieder Ordnung ins eigene Denken zu bringen und wertvolle Zeit in wichtige strategische Aufgaben zu investieren. Auf dem Bäko-Workshop in Darmstadt sprach Bestsellerautor Dr. Peter Kreuz darüber, welche Fragen Führungskräfte dabei wirklich weiterbringen.
Das neue Jahr beginnt, viele Führungskräfte haben sich zum Jahreswechsel ambitionierte Projekte vorgenommen. Sie wollen an der Unternehmensstrategie feilen, nie dagewesene sowie innovative Produkte entwickeln, Prozesse entschlacken und das Sortiment generell einmal überarbeiten. Hinzu kommen weitere Herausforderungen wie Personalbindung und die Erstellung eines Wertekanons für das Unternehmen. Die Website hat längst eine Überarbeitung nötig. Und die Social-Media-Präsenz fristet ebenfalls ein trauriges Dasein. All das soll sich jetzt ändern.
Doch wie schnell geschieht es, dass das Tagesgeschäft alle diese Vorhaben wieder überrollt. Da werden wegen Krankheitsausfällen Hände in der Backstube gebraucht, der Verkauf läuft nicht rund und neue Kräfte muss man zwischendrin fix einarbeiten. Verwalterisches möchte erledigt sein und dann sind da ja auch noch die Anpassungen, die der Gesetzgeber seit dem 1. Januar fordert. Zack – schon ist es April und die wichtigen strategischen Vorhaben liegen brach.
Zeit für die Birne
Gleichwohl dominiert das Gefühl, nur allzu beschäftigt zu sein und ständig etwas tun zu müssen. „Die Frage ist, ob es Sie erfolgreich macht?“, stellte der Managementberater Dr. Peter Kreuz im Rahmen seines Vortrags auf dem Bäko-Workshop 2024 in Darmstadt unter dem Titel „Rebel Mind: Wie Bäcker ticken, die ihre Welt bewegen“ in den Raum. Vor lauter Tun bestehe die Gefahr, sich zu verzetteln und das Wesentliche dabei aus den Augen zu verlieren. Doch „ZFDB“ sei dringend angesagt, um ein erfolgreiches Unternehmen zu führen – „Zeit für die Birne“, so nennt es der Managementberater – also für Zeit für das gezielte Nachdenken und Reflektieren.

Wer gestresst ist, kann bei einer Fülle von Aufgaben schnell den Überblick verlieren
Untersuchungen zufolge verbringen die meisten Führungskräfte den überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit mit dem Managen des Tagesgeschäftes. Dabei werden im Schnitt maximal 9 Minuten ohne Unterbrechung einer Aufgabe gewidmet. Wenn aber der Alltag zu einem großen Teil aus Unterbrechungen besteht, „wie wollen Sie da agieren statt nur zu reagieren?“, fragt Kreuz weiter. Zeit für wesentliche Aufgaben, die den Blick in die Zukunft richten, bleibe dabei nicht übrig.
Um das zu ändern, schlägt Kreuz vor, sich zunächst nüchtern und ehrlich die folgenden drei Fragen zu beantworten:
A. Wie viel Prozent meiner Zeit verbringe ich in etwa damit, das Tagesgeschäft zu managen?
B. Wie viel Prozent in etwa verbringe ich mit der Vergangenheit, schleppe ich also im übertragenen Sinne im Rucksack mit mir herum, obwohl ich es besser loslassen sollte?
C. Wie viel Prozent meiner Zeit widme ich der Zukunft?
Etwa 80 bis 90 Prozent fallen in der Regel in die Kategorie A, den „Wettbewerb um die Gegenwart“, wie Kreuz ihn nennt. Diese Aufgaben seien wichtig, betont der Speaker, die Weichen für die Zukunft hingegen stelle man mit ihnen nicht. Das falle in die beiden anderen Kategorien, den „Wettbewerb um die Zukunft“.
Erfahrungsgemäß fühlen sich Menschen in der Kategorie A sehr sicher. „Da kennen Sie sich aus und das hat Sie dorthin gebracht, wo Sie heute sind“, erklärt Kreuz. Sich Neuem zu widmen, erscheint im Vergleich eher unsicher und unwägbar. Kein Wunder also, dass Menschen dazu tendieren, Gewohntes beizubehalten und ihren Alltag nicht entscheidend zu verändern – selbst wenn dies dringend nötig wäre.

Immer wieder Neues zu wagen und mit Ideen zu experimentieren, führt langfristig zum Erfolg
Wege aus der Krise
Die entscheidende Herausforderung aber besteht laut Kreuz darin, das Unternehmen am Laufen zu halten, um Geld zu verdienen, es gleichzeitig jedoch stetig weiterzuentwickeln, sich also bewusst Zeit für die Kategorien B und C einzuräumen. Hierfür bieten diese drei Werkzeuge einen Ausweg:
1. Der Kalender
„Meine Überzeugung ist: Wir sind unser Kalender und der lügt nie“, sagt Kreuz. Wer sich die Einträge im Kalender anschaue, könne bereits daran eindeutig die bislang gesetzten Prioritäten erkennen. „Alles Wesentliche muss in Ihren Kalender geschrieben werden.“ Wer das Nachdenken über die Zukunft nicht einplane, habe andere Prioritäten, sagt der Managementberater und bringt es auf den Punkt: „Wer das nicht tut, dem sind andere Dinge wichtiger.“
2. Eine Not-to-do-Liste
Statt sich weiterhin ausschließlich auf Todo-Listen zu notieren, was alles zu tun sei, schlägt der Managementberater als zweites Werkzeug eine gegenteilige Liste vor: „Schreiben Sie alles auf, das Sie bei der Arbeit und im Privatleben nicht mehr erledigen wollen, damit Sie Kraft für Wesentliches haben“, rät Kreuz. Diese Not-to-do-Liste diene ab sofort zur Orientierung, um das dritte Werkzeug sinnvoll einzusetzen.
3. Das Wort Nein
Beim dritten Tool handelt es sich um ein einfaches Wort: Nein. „Das Nein ist ein Schlüsselwort zur Definition Ihrer Identität. Es ermöglicht, klare Grenzen zu ziehen gegenüber dem, was Ihnen wichtig ist, und dem, was andere wollen“, so der Vortragende. Oft aber sage man im Arbeitsalltag Ja, obwohl eigentlich Nein gemeint sei. Das Nein helfe dabei, sich auf das zu fokussieren, was wirklich wichtig ist, und führt auch zu der Frage: „Was können wir weglassen?“, erklärt Kreuz. So bestehe der Kern jeder guten Strategie darin, zu bestimmen, was man nicht tue.

Wer sich seiner Prioritäten bewusst ist, wird zufriedener den Arbeitsalltag meistern
Prioritäten neu ordnen
Wer die drei Werkzeuge konsequent anwendet, kann sich im Folgenden auf zukunftsorientierte Themen konzentrieren und wird Zeit dafür fest im Kalender einplanen. Drei Fragen nennt Kreuz, die dabei helfen, die eigenen Prioritäten als Unternehmer/in im Anschluss neu zu ordnen und das Wesentliche für sich herauszuarbeiten:
1. Wo liegt die größte Chance, auf die ich mich konzentrieren sollte? Was also steht auf der Prioritäten-Liste ganz oben?
2. Welche Fähigkeiten (oder Partner/innen) brauche ich, um von dieser Chance profitieren zu können?
3. Womit vergeude ich heute meine Zeit und wofür sollte ich sie besser verwenden?
Die Antworten auf diese Fragen stellen die Leitplanken dafür dar, womit der Kalender – neben dem Tagesgeschäft – künftig bewusst gefüllt werden sollte. Dabei darf man sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen lassen. Besser ist es, in regelmäßigen Abständen einen ZFDB-Termin einzutakten, um die eigenen Ziele zu überprüfen und Pläne gegebenenfalls anzupassen.
Um dabei nicht in alte Muster zu verfallen, gilt es, die Not-to-do-Liste stets im Blick zu behalten. Auf diese Weise wird es künftig leichter fallen, die neuen Prioritäten konsequent in die Tat umzusetzen und das Unternehmen erfolgreich auf die Zukunft auszurichten.
Fotos:
contrastwerkstatt
Elnur
Mediteraneo
Viacheslav Yakobchuk