Maren Andresen im Porträt
Vorbild wider Willen
Entscheidungen treffen, anpacken, Lösungen finden, das kann sie gut. Schon mit 16 Jahren überließen ihr ihre Eltern für mehrere Wochen die Leitung des Betriebs. Heute ist Maren Andresen Ehrenamtsträgerin im Präsidium des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks und erfolgreiche Unternehmerin. Zahlreichen Frauen in der Branche dürfte sie damit ein Vorbild sein. So ganz geheuer scheint ihr diese Rolle allerdings nicht.
Wenn es drauf ankommt, hat sich Maren Andresen im Griff. Zähne zusammenbeißen, Fassung bewahren. Wer sich in höchsten Innungskreisen bewegt, muss die Spielregeln beherrschen. Machtdemonstrationen, politisches Taktieren und unvorhergesehene Schachzüge gilt es zu parieren. Manchmal auch schlicht auszuhalten, bis sich die Wogen wieder glätten. Durchatmen, Krone richten und weiter der Andresen-Agenda folgen, könnte ihr Motto lauten.
Eine Prinzessin ließe sich vielleicht von Tiefschlägen aus der Bahn werfen. Eine Königin, die sich ihrer Führungsrolle bewusst ist, lernt daraus. Sie wartet geduldig auf die passende Gelegenheit, innere Stärke zu beweisen und ihre Gegenspieler geschickt zu zähmen. Ist schließlich ihr Job. Gegenwind, so Andresen, forme den Charakter. Sich schwach zu zeigen, zu früh auf- oder nachzugeben, ohne bereits eine gangbare Lösung in petto zu haben, entspricht ihr nicht.
Flucht nach vorne
So schlug sie zielsicher und gleichsam diplomatisch zwei Fliegen mit einer Klappe, als die Norddeutsche als Gastrednerin und Präsidiumsmitglied des Zentralverbandes beim Verband des bayerischen Bäckerhandwerks geladen war. Vor Andresen zwei Herausforderungen: Direkt am Tisch ein hoch angesehener ehemaliger Amtsträger, der ihre Wahl ins oberste Gremium zunächst verhindert hatte. Etwas weiter entfernt die Treppe zur Bühne, auf die sie mit hochhackigen Schuhen zu schreiten gedachte. „Die Frage war, wie komme ich die steilen Stufen jemals wieder heil herunter“, berichtet Andresen in der Rückschau.
Man hatte ihr vorgeschlagen, für den Rückweg zu ihrem Sitzplatz über die Seitenbühne, also hinten herum, abzutreten. „Das kam für mich aber nicht in Frage.“ Kurzerhand sprach sie ihren Gegenspieler an, der sie bis dato kaum gegrüßt hatte. Sie fragte, ob er ihr helfen und sie später zu ihrem Platz geleiten könne, indem er ihr die Hand bot. Er konnte. Und er tat es auch. So werden Friedenspfeifen im Bäckerhandwerk geraucht.
Die Anfänge
Schon früh lernte Maren Andresen Verantwortung zu übernehmen. Als einzige Tochter unterstützte sie tatkräftig ihre Eltern in der Bäckerei im Schleswig-Holsteinischen Holtenau. „Ich stamme aus einer Bäckerfamilie, mütterlicherseits sogar in der fünften Generation“, sagt sie. Regelmäßig habe sie im elterlichen Betrieb gejobbt, vorwiegend im Verkauf. Dann, als sie gerade 16 Jahre alt war, planten ihre Eltern eine zweiwöchige Reise nach Schottland. Die Tochter ließen sie mit Geschäft und Angestellten allein.
Maren kümmerte sich um den Backzettel, um Lieferungen und alles andere Wichtige, das anfiel. Ging irgendetwas kaputt, musste sie handeln. „Wir hatten keine Handys. Da lernt man Entscheidungen zu treffen“, erinnert sie sich und berichtet, wie sie mit zweieinhalb Jahren beim Entenfüttern in einen Kanal fiel. Von der Wasserschutzpolizei wurde sie triefnass wieder aufs Festland befördert. „Kaltes Wasser bin ich also gewöhnt“, sagt sie.
Hart zu arbeiten auch. Mit 19 Jahren erlangte Andresen die Fachhochschulreife und entschied sich – gegen den Rat einer Angestellten bei der Arbeitsagentur – für eine Bäckerinnen-Lehre („Das haben Sie doch nicht nötig!“). Doch damit nicht genug, als Lehrmeister suchte sich die angehende Auszubildende ausgerechnet den eigenen Vater aus.
„Im elterlichen Betrieb zu lernen, ist nicht leicht. Es wird immer mehr von dir erwartet als von anderen Azubis“, sagt Andresen. Zudem war es in den 1990er-Jahren nicht üblich, dass Frauen diesen Beruf erlernten. Streng sei der Vater mit ihr gewesen: „Er hatte einen hohen Qualitätsanspruch und hat bei mir stets besonders viel Wert darauf gelegt, dass ich dem gerecht werde.“
Eigener Kopf
Ehrgeizig agierte sie allerdings schon damals. Bereits nach einem halben Jahr absolvierte Andresen freiwillig die Zwischenprüfung, dabei war sie ohnehin direkt im zweiten Lehrjahr eingestiegen. „Das kam durch einen Deal zwischen der Berufsschule und meinem Vater zustande“, erklärt sie. Die Prüfung lief so gut, dass sie um ein weiteres halbes Jahr hätte verkürzen können. „Doch das wurde von den älteren Herren der Innung nicht genehmigt. Ich bin dann einfach das letzte halbe Jahr nicht mehr zur Schule gegangen.“
Oft bewies die fast fertige Gesellin Schlagfertigkeit. In der Backstube sei sie normal behandelt worden – ein rauer Ton, hier und da Sprüche, für Andresen gehörte das dazu. „Da kommt dann eben ein Spruch zurück“, sagt sie. „Das darf man nicht so an sich heranlassen.“
1993 legte Andresen ihre Meisterprüfung ab. In der Meisterschule habe sie auch ihren Mann Stefan kennengelernt, erzählt sie. Noch ein halbes Jahr arbeitete die Bäckerin im Betrieb ihrer Eltern, dann wechselte sie in das Unternehmen ihrer Schwiegerfamilie – zur Bäckerei Andresen in Neumünster.
Neues Aufgabenfeld
Neun Standorte zählten damals zu dem Betrieb. Zunächst arbeitete die Bäckermeisterin in der Backstube. „Vier mit Meistertitel und ein Produktionsleiter, das war dann doch zu viel auf einmal“, sagt sie. Also übernahm sie mit 25 Jahren die Position als Verkaufsleiterin des Familienbetriebs. Fortan kümmerte sie sich um Aufgaben, die zuvor im Terrain der Schwiegermutter gelegen hatten. Die war bislang für das Verkaufspersonal allein verantwortlich und teilte sich jetzt mit ihrer Schwester, der Tante von Stefan Andresen, Verwaltungstätigkeiten im Büro.
Konfliktfrei verlief die Zusammenarbeit nicht. „Vermutlich hatten meine Schwiegereltern gehofft, ein Mäuschen als Schwiegertochter zu bekommen, das sie formen können“, sagt Andresen. Die aber wusste, was sie will, und verteidigte ihren Standpunkt, wann immer es ihr wichtig war. „Ich war im Unternehmen eher der innovative Part und ich sage, was ich denke.“ Dennoch dauerte es, bis sie auch von den Angestellten in den Fachgeschäften als Vorgesetzte anerkannt wurde.
Immer wieder versuchten die Verkaufskräfte sie gegenüber der Senior-Chefin auszuspielen. „Einen solchen Konflikt aufzulösen, gelingt nur mit Kompetenz“, sagt Andresen. Sie habe in jedem Laden mitgearbeitet, um genau zu wissen, wie die Teams und Abläufe vor Ort funktionierten und wo es hakte. „Sobald mir jemand sagte, etwas ginge nicht, habe ich einfach gezeigt, dass es geht“, erklärt sie.
Gleichzeitig habe sie nie die Chefin raushängen lassen. „Es ist wichtig, bestimmte Regeln gemeinsam zu erarbeiten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen verstehen, warum etwas so und nicht anders gemacht wird.“ Umgekehrt konnten diese auch ihre Vorgehensweise erklären, um zu einem Konsens zu gelangen. „War ihre Erklärung plausibel, ließ ich mich überzeugen“, so Andresen.
Die Bäckersfamilie wächst
1996 übernahm die Bäckermeisterin den Posten als stellvertretendes Mitglied im Prüfungsausschuss „Fachverkäufer – Bäckerei“ der Handwerkskammer Lübeck, ein erster Schritt in die Welt des Ehrenamtes. Bald darauf wurde sie ordentliches Mitglied, später übernahm sie die Leitung. Zwischendrin wurde 1998 Tochter Ina geboren, 2002 kam Andresen-Spross Gerrit zur Welt. Nur kurz pausierte Mutter Maren und suchte schnell eine Betreuungslösung für die Kinder, um jeweils nach einem halben Jahr wieder im Unternehmen zu arbeiten.
Ihre eigenen Eltern hatten im Jahr 2000 den Familienbetrieb verpachtet und genossen nun ihren Ruhestand. Während sich in Holtenau die Frage nach einer Nachfolge auf diese Weise geklärt hatte, ließ das passende Übernahmeangebot an Stefan und Maren Andresen in Neumünster auf sich warten. „Uns wurde die Leitung nicht zugetraut, das hatte auch mit mir als Person zu tun“, beschreibt die Bäckermeisterin den Hintergrund. Die Jahre vergingen, der Konflikt schwelte. „Das Bäckerhandwerk ist noch sehr tradiert. Unser moderner stand dem klassischen Führungsstil der Schwiegereltern gegenüber.“
Ewig in Lauerstellung verharren wollte sie nicht. „Ich bin niemand, der den Kopf in den Sand steckt. Ich suche Lösungen“, sagt Andresen.
Damit der Streit nicht weiter eskalierte, zog sie Konsequenzen – und sich vorerst aus dem Unternehmen zurück. „Ich hatte schließlich meinen Mann und nicht den Betrieb geheiratet. Er stand zwischen den Stühlen und ich wollte unsere Ehe nicht weiter belasten.“ Ein neuer Abschnitt für die engagierte Praktikerin begann. Einer, der sich als wegweisend herausstellen sollte.
Für eine bessere Fortbildung
Nach rund 13 Jahren in der Bäckerei wechselte Andresen in die Schule. Diesmal allerdings drückte sie nicht selbst die Schulbank, sondern widmete sich als Lehrkraft der Ausbildung im Bäckereifachverkauf. Schnell handelte sie sich den Ruf als strenge, aber gerechte Lehrerin ein. „Mein Spitzname lautete Miss Gnadenlos“, erzählt sie lachend. „Ich bin nicht der Kumpeltyp, sondern erwarte Respekt.“
Bereits seit 2000 brachte sich Andresen außerdem im Meisterfrauen-Arbeitskreis ein, in dem sich Frauen selbst organisierten, um sich auszutauschen und fachlich weiterzubilden. „Das war für uns ein Pendant zu den Innungen“, erklärt die Bäckermeisterin. Schon immer sei ihr bewusst gewesen, was Frauen im Bäckerhandwerk maßgeblich leisteten. „Es geht nur gemeinsam“, ist Andresen überzeugt.
Im Arbeitskreis, in dem sich Vertreterinnen aus dem Gebiet der Bäcker- und Konditorenvereinigung Nord vernetzten, fanden regelmäßig Vorträge zu betriebswirtschaftlichen Themen statt. „So etwas wie ein Damenprogramm zu Innungsversammlungen war mir schon immer fremd. Bei uns ging es um Arbeits- und Steuerrecht, Mitarbeiterdiebstahl oder Betriebsübergabe. Eine so kontinuierliche Weiterbildung für Unternehmerinnen des Bäckerhandwerks gab es in anderen Regionen nicht.“
2003 schließlich trug die Vorsitzende Christel Börke aus der Inselbäckerei Börke auf Fehmarn Andresen den Vorsitz an. „So bin ich da reingerutscht und habe das dann zehn Jahre lang gemacht“, erinnert sie sich.
Vorreiterin auf Bundesebene
„Irgendwie reingerutscht“ sei sie einige Zeit danach noch in ein weiteres Ehrenamt. „Der Landesinnungsverband suchte einen neuen Landeslehrlingswart“, erzählt Andresen. Bislang war der Verband die alleinige Domäne ihres Mannes Stefan gewesen. Sie war aus Interesse bei Veranstaltungen dabei, ein offizielles Amt bekleidete sie nicht. Beide stimmten sich ab und Maren Andresen übernahm als erste Frau bundesweit den Posten als Lehrlingswartin auf Landesebene.
2013 dann der nächste Schritt auf der ehrenamtlichen Karriereleiter: Landesinnungsmeister Holger Rathjen aus Norderstedt suchte eine Nachfolge und trug den Posten Maren Andresen an. Wieder war sie bundesweit die erste in entsprechender Position. „Der Rückhalt meines Vorstandes war mir gewiss“, sagt sie. „Die wussten genau, wen sie sich einkaufen. Ich sage meine Meinung, erwarte aber nach außen eine gemeinsame Linie.“
Wesentlich für ihr Engagement sei stets die Motivation gewesen, das Handwerk voranzutreiben, wichtige Botschaften zu transportieren. „Ich hatte das Glück, immer Personen um mich zu haben, die mich förderten und von denen ich lernen konnte“, zieht die Bäckermeisterin heute Bilanz. „Mittlerweile sehen Frauen in mir ein Vorbild, obwohl ich mich gar nicht so fühle.“ Bereits im elterlichen Betrieb habe sie gelernt, gleichberechtigt zu handeln, sagt sie. Doch handeln und behandelt werden sind zwei Paar Schuhe.
Zurück in die Familienbäckerei
2014 schließlich kehrte die Amtsträgerin in die Andresen-Bäckerei zurück. Ein Ladengeschäft am Großflecken 33 in Neumünster hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt, zentral gelegen und groß genug für ein Café. Die Bäckermeisterin sah darin Potenzial, eine weitere Filiale im alten Andresen-Design akzeptierte sie jedoch nicht. „Es wurde der erste Laden unserer Brot-&-Zeit-Schiene. Wir wollten wieder Handwerk darstellen, unser Brot in den Mittelpunkt rücken“, sagt Andresen. „Dass ich das Projekt übernehmen konnte, war ausschlaggebend für meine Rückkehr.“
Entstanden ist ein modernes Bäckerei-Café mit zahlreichen Sitzplätzen, unter anderem auf den Fensterbänken. Sowohl jüngere als auch ältere Menschen soll das Ambiente ansprechen. Der Plan ging auf: „Man kann sich dort in die Kissen lümmeln und aus dem Fenster schauen“, freut sich Andresen.
Vor vier Jahren schließlich zogen sich die Schwiegereltern dann doch endgültig aus dem Unternehmen zurück. Stefan und Maren übernahmen die Leitung. Heute zählen 26 Andresen-Standorte zwischen Norderstedt und Kiel zum Betrieb, überwiegend mit Sitzbereich. Auch ein Drive-in und mehrere Vorkassen-Zonen gehören dazu. „Der Mix sorgt für eine gesunde Struktur“, sagt die Bäckermeisterin. Wieder kümmert sie sich um den Verkauf, ihr Mann Stefan leitet die Produktion. „Ich bin allerdings stärker strategisch tätig, weniger operativ“, sagt sie. Zwei Verkaufs- und 26 Filialleitungen stünden ihr im Tagesgeschäft zur Seite.
Rund drei Viertel der aktuell etwa 240 Mitarbeitenden arbeiten im Verkauf. Von Kurzarbeit betroffen waren während der Corona-Krise nur wenige. „Wir verzeichnen unternehmensweit etwa einen Verlust von 10 bis 15 Prozent. Die Innenstadtlagen sind natürlich problematisch“, sagt Andresen. Weniger Laufkundschaft und auch der Snackverkauf sei stark eingebrochen, erklärt sie.
Um das zu kompensieren, wurden auslaufende Anstellungsverträge nicht verlängert, ausgelagerte Bereiche in das Unternehmen zurückgeholt. Ein paar Verkaufskräfte arbeiten zeitweise in der Produktion mit. Gastrolastig möchte Andresen nicht werden: „Wir konzentrieren uns klassisch auf das Brotgeschäft und haben außerdem einen Konditorei-Anteil von zirka 15 Prozent aus eigener Herstellung.“ Bei Lieferungen setzt die Bäckerei vorwiegend auf Schulen und Seniorenheime.
Der Weg nach Berlin
Einen weiteren Meilenstein markiert das Jahr 2014 in Maren Andresens Leben: Ihren Aufstieg in den Bundesvorstand des Zentralverbandes (ZV) des Deutschen Bäckerhandwerks. Ganz ohne Widerstände verlief der Gang nach oben diesmal nicht. Ein „kleiner Stolperstein in Frankfurt“ kam dazwischen, wie Andresen es in der Rückschau ausdrückt. Ein Steinchen, das ein gewaltiges Beben in den Innungen auslöste.
Ein Vorstandsposten auf Bundesebene musste neu besetzt werden. Der damalige ZV-Präsident Peter Becker sah in Andresen eine geeignete Kandidatin. Allerdings war sie nicht formal selbständig, sondern als Geschäftsführerin im Betrieb ihres Mannes angestellt. Laut Satzung ein Ausschlusskriterium. Becker wusste Rat. Als Lösung schlug er eine Satzungsänderung vor, die das ZV-Präsidium schließlich abnickte.
Bei der Mitgliederversammlung, zu der die Vertreterinnen und Vertreter der Landesinnungen angereist waren, dann der Paukenschlag: Die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wurde nicht erreicht. Was war geschehen?
„Es hatte am Vorabend Gerüchte wie ein Buschfeuer gegeben, aber etwas Konkretes drang nicht an die Oberfläche“, erinnert sich Andresen. Offenbar hatten Teile eines großen süddeutschen Landesinnungsverbandes konzertiert gegen die Satzungsänderung gestimmt. Offiziell aus formalen Gründen. Dass es galt, eine weibliche Vorständin und dazu noch eine Preußin zu verhindern, mag für einige ebenfalls eine entscheidende Rolle gespielt haben.
Wütend habe sie den Versammlungsraum verlassen, um Fassung ringend, berichtet Andresen über den dramatischen Moment. Dass der Konflikt versteckt und nicht offen ausgetragen wurde, erboste auch den Präsidenten Becker. „Er konnte es sich zunächst nicht erklären.“ Andresen bewahrte Haltung, lehnte eine Stellungnahme gegenüber der Presse ab. „Dann hätte die Gefahr bestanden, dass der Verband auseinanderfällt“, sagt sie. Ihr Credo hatte auch jetzt Bestand: Ehrlicher, bisweilen kontroverser Austausch im Inneren, Geschlossenheit nach außen.
Eine außerordentliche Vorstandssitzung wurde anberaumt. „Da muss es hoch hergegangen sein“, so Andresen. Ob sie bereit sei, erneut anzutreten, fragte Becker seine Wunschkandidatin. Deren geradlinige Antwort: „Nur, wenn ihr als Präsidium geschlossen hinter mir steht.“ 2015, ein Jahr nach dem Paukenschlag, dann die Erleichterung: Die Satzungsänderung wurde beschlossen und Maren Andresen zum ersten weiblichen Vorstandsmitglied des Zentralverbandes gewählt.
Hier füllt die Landesinnungsmeisterin Schleswig-Holstein heute nicht nur ihre Rolle als Präsidiumsmitglied aus, sondern leitet zudem als Vorstandsvorsitzende die Werbegemeinschaft des Deutschen Bäckerhandwerks, die das Image der Branche positiv beeinflussen soll.
Frauen im Ehrenamt
„Das Handwerk ist immer noch tradiert“, beschreibt die Bäckermeisterin die Arbeit auf Bundesebene. Hin und wieder werde bei Treffen vergessen, dass eine Frau mit am Tisch sitzt, sagt sie. Ein zotiger Witz hier, eine Anzüglichkeit da – nach wie vor gehört das mit zum Alltag im Bäckerhandwerk. „Mich wundert das jedes Mal, denn aus meiner Arbeit in Schleswig-Holstein kenne ich das so nicht“, sagt Andresen.
Immer noch sei es schwierig, Frauen für das Ehrenamt zu begeistern, berichtet sie. „Man muss sich durchboxen. Es wird sehr genau hingehört, was wir Frauen von uns geben.“ Mitunter koste das schon Kraft, gibt sie zu. „Mir wurde einmal gesagt, ich sehe zu weiblich aus, weil ich oft Röcke trage.“ Auf der nachfolgenden Handwerksmesse iba zog Andresen zu einer Abendveranstaltung daher Hosen an. Hot Pans, um genau zu sein. „Das war die passende Antwort darauf“, sagt sie verschmitzt. Aus der Fassung bringt sie mittlerweile so leicht nichts mehr.
Fotos:
Edda Klepp
Auszug aus Ausgabe 02/2021
Dieser und weitere interessante Artikel erschienen in Ausgabe 02/2021 von BROTpro. Die komplette Ausgabe kann im Alles-rund-ums-Hobby-Shop bestellt, direkt im Browser gelesen oder über die App von BROT im Google Play Store beziehungsweise Apple App Store bezogen werden.